Wann ein „positives“ Zeugnis mehr als eine Formalie ist
Am Ende eines Arbeitsverhältnisses wird ein Arbeitszeugnis häufig als reine Formalität betrachtet. Nach niederländischem Recht (Artikel 7:656 BW) ist der Arbeitgeber jedoch verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf dessen Wunsch ein Zeugnis auszustellen. Dieses muss objektive Informationen enthalten, wie die Art der Tätigkeit, die Beschäftigungsdauer und die wöchentliche Arbeitszeit.
In der Praxis wird darüber hinaus oft vereinbart, dass das Zeugnis „positiv formuliert“ sein soll – insbesondere im Rahmen eines Aufhebungsvertrags. Doch was bedeutet „positiv“ im rechtlichen Sinne? Ist eine solche Verpflichtung einklagbar? Und welche Risiken bestehen für den Arbeitgeber?
Gesetzliche Pflicht ≠ positives Zeugnis
Das Gesetz schreibt nicht vor, dass ein Arbeitszeugnis positiv sein muss. Die inhaltliche Verpflichtung beschränkt sich auf objektive, sachliche Angaben (ausgeübte Tätigkeiten, Dauer des Arbeitsverhältnisses); nur auf Wunsch des Mitarbeiters sind auch Angaben zur Arbeitsweise und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufzunehmen.
Ein neutrales Zeugnis genügt daher in der Regel den gesetzlichen Anforderungen. Ob darüber hinaus eine positive Bewertung erfolgen muss, hängt von getroffenen Vereinbarungen ab.
Vertraglich vereinbart = einklagbar
Wurde ein „positives“ Zeugnis ausdrücklich vereinbart, ist diese Verpflichtung für den Arbeitgeber rechtlich bindend.
Ein aktuelles Urteil des Gerichts Oost-Brabant (ECLI:NL:RBOBR:2024:5658) zeigt dies deutlich: Die Arbeitgeberin hatte lediglich ein neutrales Zeugnis ausgestellt, obwohl im Vergleich ausdrücklich ein „positives“ Zeugnis vereinbart war.
Kurzer Hintergrund des Falls: In einem früheren Gerichtsverfahren einigten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wobei vereinbart wurde, dass der Arbeitnehmer ein „positiv formuliertes“ Arbeitszeugnis erhalten sollte. Diese Vereinbarung wurde sogar in einem gerichtlichen Protokoll festgehalten. Als der Arbeitnehmer beim Ausscheiden lediglich ein neutrales Zeugnis erhielt, zog er erneut vor Gericht. Die Gemeinde (Arbeitgeber) wurde schließlich verpflichtet, eine überarbeitete, positive Erklärung abzugeben – unter Androhung eines Zwangsgeldes von 1.000 € pro Tag.
Was ist ein positives Zeugnis?
- Neutral ist nicht positiv: Eine bloße Auflistung von Tätigkeiten und Beschäftigungsdaten genügt nicht.
- Ausdrückliches Lob erforderlich: Aussagen wie „führte Schülerinnen erfolgreich zum Examen“ erfüllen die Anforderung.
- Wahrheit bleibt oberstes Gebot: Auch bei vertraglicher Pflicht darf ein Zeugnis keine irreführenden oder geschönten Aussagen enthalten.
Artikel 7:656 Absatz 5 BW sieht vor, dass der Arbeitgeber für Schäden haftet, die durch irreführende Inhalte oder Auslassungen im Zeugnis entstehen – sowohl gegenüber dem ehemaligen Arbeitnehmer als auch gegenüber Dritten (z. B. einem neuen Arbeitgeber).
Praktische Hinweise

Wer entscheidet, was „positiv“ ist?
Auch wenn Arbeitgeber bei der Formulierung gewissermaßen freie Hand haben, müssen sie bei vertraglicher Verpflichtung zur Positivität diese auch umsetzen.
Wichtig dabei:
- Ein neutrales Zeugnis genügt nicht, wenn ein „positives“ versprochen wurde.
- Auch wenn der Entwurf vom Arbeitnehmer stammt, trägt der Arbeitgeber die Verantwortung für den Inhalt.
Fazit
Ein „positives“ Zeugnis mag harmlos wirken – rechtlich kann es jedoch große Auswirkungen haben. Arbeitgeber sollten daher mit entsprechender Sorgfalt vorgehen:
Unser Rat:
- Treffen Sie klare, schriftliche Absprachen zur Zeugnissprache.
- Achten Sie auf objektive, wahrheitsgemäße Formulierungen.
- Nutzen Sie offizielle Briefbögen und unterschreiben Sie das Dokument.
- Holen Sie rechtzeitig juristischen Rat ein – insbesondere bei schwierigen Trennungen.
Haben Sie Fragen zum Thema Arbeitszeugnisse, Aufhebungsverträge oder Arbeitgeberhaftung?
Unser Team für Arbeitsrecht unterstützt Sie gern.